Aha!
Laut Facebook bin ich also “SchriftstellerIn”. Mit Binnen-I. Ein schönes Beispiel von „Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint“. Und nein, dies ist kein weitere Hetzartikel gegen Gender-gerechte Sprache – ganz im Gegenteil.
SchriftstellerInnen – im schon Plural problematisch …
Nun haben Sprachformen wie „SchriftstellerInnen“ (so findet man es gelegentlich in Texten) ihr Leben als Plural begonnen, um gemischtgeschlechtliche Gruppen korrekt und damit gerecht zu bezeichnen. Historisch hebt das Binnen-I jedoch ähnlich wie das “/in” auf die binäre Unterscheidung Mann/Frau ab; diese Sprachform also nur potenziell gemischtgeschlechtliche Gruppen, deren Angehörige sich jeweils als eindeutig als „Mann“ oder „Frau“ identifizieren.
Als wirklich inklusive Form, die auch diejenigen unter uns erfasst, die sich nicht unbedingt in herkömmliche Geschlechtskategorien einordnen lassen oder sich der Normativität verweigern, hat sich hingegen in den letzten Jahren „Schriftsteller*innen“ durchgesetzt – ein meines Erachtens für’s Erste akzeptabler Kompromiss. Doch ebenso, wie sich mögliche genderneutrale Pronomina allmählich herauskristallisieren, wird in Zukunft sicher auch eine sprechbare inklusive Form entstehen, wie etwa das vorgeschlagene End-X: „SchriftstellerX“, gesprochen also „Schriftstellerix“.
Aber ich schweife ab. Mein Problem liegt im Singular.
SchriftstellerIn – im Singular fast immer inkorrekt
„SchriftstellerIn“ ist strenggenommen eigentlich nur für Menschen korrekt, die sich streng binär sowohl als Mann als auch als Frau identifizieren. Gleichzeitig. Zu jedem Zeitpunkt.
Nun mag ich nicht ausschließen, dass es solche Menschen gibt. Doch die überwiegende Mehrheit von uns identifiziert als Mann ODER Frau ODER irgendwas dazwischen ODER keins von beiden – die letzten beiden Optionen von dem Wort überhaupt nicht erfasst.
Das Wort ist also falsch, unangemessen – und völlig unnötig: Es spricht absolut nichts dagegen, bei der Bezeichnung einer Einzelperson die jeweils geschlechtsbezogene Variante des Wortes zu wählen. Das ist der gängige Sprachgebrauch und wird meines Wissens auch von den schärfsten Sprachkritikern nicht in Zweifel gezogen.
Ich identifiziere mich zum Beispiel als männlich und langweilig cis-gender/hetero. Die übliche Bezeichnung für mich ist also „Schriftsteller“.
Ebenso kenne ich zahlreiche Kolleginnen, die mit Vehemenz darauf bestehen würden, „Schriftstellerin“ zu sein, mit ganz kleinem I und somit eindeutiger Gender-Zurdnung.
Für diejenigen, die sich einer geschlechtsbinär normativen Zuordnung entziehen oder die ihr Geschlecht nicht kenntlich machen wollen, fehlt eine solche eindeutige auf breiter Basis akzeptierte Sprachregelung leider noch. Einzig hier wäre vielleicht (mit allen oben genannten Einschränkungen) „SchiftstellerIn“ nutzbar, doch mit dem „Schiftsteller*in“ oder dem in letzter Zeit aufkommenden „SchriftstellerX“ gibt m. E. es deutlich bessere, da inklusivere Alternativen; doch das mögen die betroffenen Menschen selbst entscheiden.
Die durchgängige Bezeichnung “SchriftstellerIn” jedenfalls mag zwar gut gemeint sein – ist aber in ihrer Gleichmacherei im Grunde eine Ohrfeige für diejenigen, die nach Diversität und wahrhaft Gender-gerechter Sprache streben.
Eine Lösung für Facebook
Die in Sachen Gender-Identität äußerst inklusive Firmenpolitik von Facebook finde ich persönlich begrüßenswert. Es mangelt aber an einer wirklich stringenten Umsetzung:
- Die wirklich genderspezifische Bezeichnung anzuzeigen, ist ein zwar komplexes, aber nicht unlösbares Problem – wenn auch vermutlich mit einigem Programmier- und Datenerfassungsaufwand verbunden.
- Alternativ könnte der Beruf erfasst werden wie bisher, die angezeigte Bezeichnung wäre aber über ein zusätzliches Freitextfeld vom Nutzer selbst bestimmbar. So ließen sich zudem zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Ich zum Beispiel finde die Bezeichnung „Schriftsteller“ sehr prätentiös: „Autor“ oder „Textarbeiter“ empfinde ich für mich selbst deutlich angemessener.
Noch einmal: Ich bin dankbar, dass Facebook in seiner großen Gender-Auswahl Diversität zelebriert und fördert, warum dann beim lösbaren Problem Berufsbezeichnung so halbherzig?
Und da wir gerade dabei sind: Das Binnen-I gehört allmählich wirklich in die Mottenkiste. Es gibt deutlich bessere Alternativen.
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