Vorweg geschickt: Ich bin ein Nerd, ein Medienjunkie. Und ich will immer alles haben, sei es nun das neue Gadget oder die neue multimediale Werbemaßnahme. Daher werde ich mich nach der Criminale mal daran setzen, einen Buchtrailer zu erstellen, und vielleicht sogar ein „Spiel zum Buch“.

Das hat mich dazu gebracht, mich einmal mit dem Thema „Buchtrailer“ auseinanderzusetzen. Es scheint ja so, dass momentan keine Buchkommunikation ohne Trailer auszukommen scheint. Da ich im Bereich der Video- und Werbefilmproduktion arbeite, habe ich natürlich einen etwas anderen Blick auf Trailer als der normale Kunde – wobei ich immer dafür kämpfe, den Kunden nicht zu unterschätzen, denn die meisten Menschen sind mit einem ziemlich guten Bullshit-Detektor ausgestattet und spüren rasch, wenn eine Kommunikation halbherzig ist …

Leider habe ich keine belastbaren Zahlen, daher werde ich mich auf die Videos selbst beziehen und völlig frei Schnauze schreiben, was ich dazu denke. Doch zunächst zwei Vorbemerkungen:

 

Wir Leser sind schon ein komisches Völkchen (mit herzlichem Dank an Krimikiosk für die Anregung)

Ich bin (wie so viele meiner Bekannten und hier Mitlesenden) ein Hardcore-Leser. Neulich musste ich mich belehren lassen, dass statistisch gesehen der Vielleser bei 10 Büchern im Jahr anfängt (und ich höre Claudia hinter ihrem Bücherregal jetzt kichern und fragen, was sie denn mit den restlichen 51 Wochen im Jahr anfangen soll), aber das nur nebenbei. Also, wir Hardcore-Leser, sind sehr eigen. Denn wir haben eine genaue Vorstellung, wie die Welt eines Buches aussehen soll: Entsprechend findet nur selten eine Buchverfilmung vor unseren Augen wirklich Gnade – und selbst wenn, ist das Buch natürlich besser (außer vielleicht bei Dexter, aber das sind auch selten schlechte Bücher). Entsprechend ist unsere Fantasie vorgeprägt – und ausgesprochen ungern lassen wir uns da reinreden. Leider tun Buchtrailer oft genau das: Sie formen die Welt noch bevor wir die Gelegenheit hatten, sie selbst im Buch zu finden und zu erfinden. Das ist (a) nicht nett; und (b) nicht nötig. Entsprechend betrachten wir Buchtrailer auch sehr skeptisch.

 

Es gibt Regeln, junger Freund!

 Auch Werbung folgt gewissen Gesetzen. Eines dieser Gesetze ist die möglichst leichte Wunscherfüllung. Oft sehe ich einen Trailer, erfahre mit etwas Glück noch den Titel (der hoffentlich als Standbild am Ende des Videos steht, so dass ich nicht scrollen muss, eine Funktion, die bei den meisten Video-Streamern noch nicht wirklich optimal ist) … und dann? Ich bin neugierig und will mehr wissen und am liebsten (aus Sicht des Verlages) gleich kaufen. Nur wie? Wo? Wo finde ich mehr Informationen? Natürlich kann ich jetzt Folgendes tun:

(1)  Neues Browserfenster aufmachen

(2)  In einer Suchmaschine oder bei einem der Händler nach dem Titel suchen

(3)  Link anklicken

(4)  Mich informieren

(5)  Kaufen

Das sind fünf Schritte, von denen mindestens zwei – und zwar die zwei aufwendigsten – zu viel sind: Hey, wir Konsumenten sind faul (wird uns ja immer wieder vorgehalten), also macht es uns gefälligst einfach.

Zum Beispiel: Bei YouTube kann man zu jedem Video einen Begleittext erstellen – da gehören gefälligst Verlagslinks hinein, die mich direkt zur Seite des Buches führen.

Manch einer mag jetzt argumentieren, dass diese Videos ja oft auch in andere Seiten eingebunden werden: In Blogs, Berichte … Aber auch das ist kein Thema: Man kann auch Links innerhalb eines Videos setzen. Ist ein bisschen Arbeit, aber es geht! Also: Wenn schon der Stress mit Videoerstellung und Upload, dann sorgt bitte auch dafür, dass ich das Buch möglichst rasch finden kann! Das Gleiche gilt übrigens auch für Lesungsportale wie zehnseiten.de oder erlesentv.de. Ihr wollt was verkaufen und ich bin Käufer. Und gerade im Web, wo es so einfach ist, den Kunden zur Kasse zu geleiten, muss ich oft durch mehr Reifen springen als beim Kauf einer illegalen Waffe.

Also, hier schon mal, was zu einem guten Trailer dazugehört: Schnelle Verlinkung zu Informationen und Kaufmöglichkeiten, am besten sogar aus dem Video selbst heraus. Das ist ein simples Naturgesetz des Marketing: Wenn ich ein Produkt bewerbe, muss es auch verfügbar sein. Und auch die tollste Kampagne (zum Beispiel für einen Schokoriegel) läuft ins Leere, wenn ich nicht beim nächsten Einkauf mit der Nase darauf gestoßen werde, bzw. das Produkt nicht vorhanden ist.

Nun aber in Medias Res:

 

Was will ich eigentlich von einem Buchtrailer?

Auf der Informationsebene: Titel, Autor, Genre und eine ungefähre Idee, um was es in dem Buch gehen könnte.

Auf der emotionalen Ebene möchte ich auf die Tonalität und das emotionale Level des Buches eingegroovt werden.

Klingt einfach? Ist es nicht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung mit anderen Produkten. Und ansonsten gäbe es nicht so viele verunfallte Trailer …

 

Und was will ich nicht?

 Ich will nicht hören/lesen, dass das Buch das Tollste, Beste, Spannendste, Erotischste … aller Zeiten ist. Schon gar nicht, wenn diese Aussage aus der PR- und Werbeabteilung stammen. Ob ein Thriller „atemlos und spannend“ ist, will ich selber herausfinden. Oder in der Tonality eines Trailers ERLEBEN, aber nicht in der Typo lesen! (Erste Regel des Schreibens: Emotionen nicht beschreiben, sondern erlebbar machen!)

Und auch ob das Klein-Künkelsdorfer Stadtblatt (oder jede andere Kritik) das Buch echt klasse fand, interessiert mich weniger, schon gar nicht als einzige Information im Trailer. Dann schon lieber der ironische Umgang mit Verrissen (obwohl ich diese Art Trailer noch nicht gesehen habe): Ein Trailer der mit weißer Schrift auf schwarzem Grund beginnt: „Dieses Buch ist großer Mist! (Marcel Reich-Ranitzki)“ würde mich zumindest zur Leseprobe führen.

Testimonials: Nun, da bin ich zweispältig. Die amerikanische Sitte, das Autoren die Bücher anderer Autoren loben, kommt ja allmählich auch nach Deutschland. Das kann hilfreich sein, allerdings gibt es Autoren (wie Stephen King) die wirklich alles loben und zum Nachfolger erklären. Auch hier: Bitte nicht als einzige Information im Trailer.

Bei Sachbüchern (mitunter auch bei Belletristik): Bitte verwechselt nicht Thema und Buch. Zum Beispiel: Da schreibt einer der wichtigeren Romanciers der Postmoderne eine Biographie über einen der wichtigsten Theoretiker – und alles, was ich erfahre, sind die klugen Sprüche des Theoretikers; und gar nichts über den Ansatz des Buches:http://www.youtube.com/watch?v=Qve_MsJ3CoI

So, das war erst mal das Grundsätzliche. Im zweiten Teil, stelle ich dann die Arten von Trailern vor, die mir so begegnet sind.